Vom Liebeslied der Kraniche

Kreis Soest – Als ich vor einigen Wochen mal wieder einen Rundflug über die Äcker und Felder der Hellwegbörde gemacht habe, bin ich hellhörig geworden: Aus der Ferne habe ich ein vertrautes Geräusch gehört. Es waren fast trompetenartige Rufe. Diese ertönten schon lange, bevor ich sehen konnte, wer da ruft. Wer konnte das wohl sein? Mein Freund Kalle, der Kranich!

Kalle hat seine Reise in Skandinavien begonnen. Doch bevor er Frankreich oder Spanien erreicht, macht er Rast in Deutschland. Dabei überfliegt Kalle manchmal sogar meine Heimat, die Hellwegbörde. Dabei ist Kalle nicht allein. Er ist immer mit seinen Freunden und auch seiner Freundin Karla unterwegs. Karla und Kalle bleiben ein Leben lang zusammen.

Während ihrer Reise in den Süden fliegt Kalle an der Spitze der V-Formation, da er zu den erfahrenen Vögeln gehört. Dabei wechselt er sich mit einigen seiner ebenfalls erfahrenen Freunde ab. Hinter ihnen fliegen Familien und junge Vögel, welche sich durch Kalle besser orientieren können. Doch nicht nur auf ihren Reisen ist die Gruppe zusammen. Sie suchen auch zusammen nach Nahrung oder legen gemeinsam Verschnaufpausen ein.

Während ihrer gemeinsamen Unternehmungen verständigen sich Kalle und seine Freunde ständig. Das sind unter anderem die trompetenartigen Rufe. Diese sind wichtig für die Absprache innerhalb der Gruppe. Außerdem stärken sie ihren Zusammenhalt.

Neben diesem wohl bekanntesten Ruf gibt es noch einige andere. Als Kalle zum Beispiel seine Kranich-Freundin Karla kennengelernt hat, habe ich die beiden beim Duett-Ruf beobachtet. Kalle hat dabei begonnen, einige tiefe Töne zu singen. Als Karla das gehört hat, ist sie mit einigen helleren Tönen eingestiegen. Zusammen klingt das wie ein Lied, welches die beiden gemeinsam singen. Während Kalle und Karla zusammen singen, stehen sie nah beieinander und halten ihre Köpfe hoch. Manchmal bewegen sie sich dabei auch langsam umher, als würden sie im Takt ihres Gesanges tanzen. Diesen Gesang hört man besonders häufig in der Brutzeit. Damit wollen die beiden allen anderen zeigen, dass sie ein Paar sind und zusammengehören.

Sie singen auch, wenn sie sich freuen oder vor ihren anderen Freunden. Auch wenn Gefahr droht, wissen Kalle, Karla und ihre Freunde sich zu verständigen. Wenn Karla etwas Ungewöhnliches bemerkt, streckt sie ihren Kopf nach vorne und fängt an zu rufen. Wenn Kalle das hört, ruft auch er. So warnen die beiden sich gegenseitig und auch alle anderen vor einer möglichen Bedrohung. Manchmal kann man auch vokallose Laute hören. Sie hören sich fast so an wie ein Knurren. Das sind meistens die Altvögel. Sie wollen die Jungen warnen und zur Flucht auffordern.

Also falls ihr das nächste Mal einen Ruf aus der Ferne vermutet, hört genau hin! Vielleicht könnt ihr ja erkennen, welcher Ruf dahintersteckt.

Meret Sievers schrieb diesmal Winnis Tagebuch. Sie ist Praktikantin beim Vogelschutz in der Kreisverwaltung.