Vielseitiges Genie der Renaissance

von Redaktion am 17. Mai 2024 09:18 Uhr Kinder -  Lesezeit 2 min

Von Thomas Felder

Ganz vorne im katholischen Gesangbuch „Gotteslob“ ist ein Bild abgedruckt. Es zeigt nur zwei Hände. Die Hand rechts wirkt durchaus kraftvoll, die Hand links sieht ein wenig schlaff aus. Beide Hände gehören zu einem großen Deckengemälde, das „Die Erschaffung des Adam“ heißt. Die Hand rechts gehört Gott, die Hand links Adam, dem laut Bibel ersten Menschen. Beide Zeigefinger sind ausgestreckt, berühren sich jedoch nicht. Über die Bedeutung dieser kleinen Lücke haben sich schon ungezählte Menschen den Kopf zerbrochen. Gezeigt werden soll jener Moment, in dem Gott dem ersten Menschen, Adam, Leben einhaucht, ihn beseelt.

Der Maler der weltberühmten Szene heißt Michelangelo Buonarroti. Das Gemälde befindet sich an der Decke der Sixtinischen Kapelle im Vatikan in Rom. Es ist als Fresko gemalt. Beim Fresko handelt es sich um eine Wandmalerei in den noch nassen Verputz mit Wasserfarben. Diese verbinden sich mit dem Putz und sind deshalb sehr haltbar. Michelangelo hat die Sixtinische Kapelle, die dem Papst gehört, mehrere Jahre lang ausgemalt – oft in schwindelnder Höhe auf einem Gerüst und auf dem Rücken liegend, Schmerzen inbegriffen.

Ein weiteres berühmtes Fresko befindet sich an der Stirnseite der Kapelle - das „Jüngste Gericht“. Wenn die Kardinäle traditionell in der Sixtinischen Kapelle den Papst wählen, dann haben sie immer auch Michelangelos Bilder im Blick.

Michelangelo sah sich aber nicht als Maler, sondern als Bildhauer. Er war auch ein Schriftsteller und hat Gedichte verfasst. Geboren wurde er 1475 in der Nähe von Florenz. Gestorben ist er 1564 in Rom – da war er fast 90 Jahre alt, ein noch heute, erst recht damals sehr hohes Alter.

Michelangelo zählt zu den bedeutendsten Künstlern aller Zeiten. Er gehört zur Epoche der Hochrenaissance. Bekanntlich entdeckte die Renaissance (Wiedergeburt) die Kunst der alten Griechen und Römer wieder, es ging vor allem um die Schönheit. Seine Karriere begann Michelangelo als Bildhauer. Eines seiner ersten und berühmtesten Werke ist der riesige David in Florenz. Im Petersdom in Rom befindet sich ein weiteres Werk: die Pieta. Eine Pieta nennt man ein Andachtsbild, das die trauernde Maria mit ihrem toten Sohn Jesus zeigt.

So sehr sich Michelangelo auch als Bildhauer sah: Seine Tätigkeit in der Sixtinischen Kapelle beweist sein Genie als Maler. Allerdings, so kann man lesen, sei es unverkennbar die Malerei eines Bildhauers, da die Farben hinter der plastischen Darstellung der Figuren zurücktreten.

1546 wurde Michelangelo vom Papst ein sehr großes Projekt übertragen: Er sollte den Bau der damals neuen Peterskirche leiten. Michelangelo war schon im 71. Lebensjahr – heute ist das längst das Rentenalter. Aber Michelangelo stürzte sich in die Arbeit. Sein wohl wichtigster Beitrag zur Architektur dieser weltweit bekannten Kirche ist die Kuppel – längst ein Wahrzeichen der Stadt Rom.

Die Vollendung seiner Kuppel, die als eine der schönsten der Welt gilt, hat Michelangelo jedoch nicht mehr erlebt – er starb 1564. Sein Ruhm aber als Bildhauer, Maler, Schriftsteller und Baumeister überstrahlt die Jahrhunderte.